Bezirkskonferenz 2017

„Politik für alle – sicher, gerecht und selbstbestimmt“

27.06.2017 | Rund 100 Metallerinnen und Metaller diskutierten in Frankfurt (Oder) das Erreichte des vergangenen Jahres und berieten über das Kommende. Die Arbeitszeitfrage vor dem Hintergrund der Beschäftigtenbefragung und die Tarifrunde 2018 standen einmal mehr im Mittelpunkt.

Die Tarifrunde 2018 in der Metall- & Elektroindustrie wird sich um die Arbeitszeit drehen. Die IG Metall in Ostdeutschland stellt kürzere Arbeitszeiten und humane Schichtsysteme in den Mittelpunkt ihrer Tarifpolitik. Rund 100 Metallerinnen und Metaller diskutierten am Donnerstag in Frankfurt (Oder) über das im letzten Jahr Erreichte und künftige Ziele. Die diesjährige Bezirkskonferenz der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen stand unter dem Motto „Politik für alle – sicher, gerecht und selbstbestimmt“. Neben der Entgeltrunde steht 2018 auch die Debatte um neue Arbeitszeitmodelle an, die mit Spannung erwartet wird und die seit langem schon in den Reihen der IG Metall diskutiert wird. Die Beschäftigtenbefragung habe ein deutliches Ergebnis, sagte Olivier Höbel, Bezirksleiter Berlin-Brandenburg-Sachsen, und unterstrich: „Sehr viele Metallerinnen und Metaller wünschen sich insgesamt kürzere Arbeitszeiten. Sie sind dort zufriedener, wo unter tariflichen Bedingungen gearbeitet und eine Kultur der Mitbestimmung gepflegt wird. In der Befragung wurde deutlich: Schichtarbeit ist für die meisten Kolleginnen und Kollegen ein hartes Regime. Wenn sie dann – was oft der Fall ist – auch an Wochenenden geleistet werden muss, finden das viele unzumutbar. Die Beschäftigten akzeptieren flexible Arbeitszeiten, aber sie wollen darüber mitbestimmen, wie und wann sie ihre großen Guthaben einlösen.“ Die Befragungsergebnisse würden die Richtung der kommenden Tarifrunde bestimmen: Die Beschäftigten sind bereit Leistung zu bringen, erwarten aber entsprechende Gegenleistungen bei der Arbeitszeit und dem Entgelt.

Man habe im vergangenen Jahr trotz schwieriger Lage eine Menge erreicht, sagte Bezirksleiter Olivier Höbel in seinen Ergänzungen zum Geschäftsbericht 2016/17.  Es sei gelungen fast drei Dutzend Betriebe neu in die Tarifbindung zu holen, hunderte Tarifverhandlungen seien geführt worden. Der Tarifauftakt in Leipzig im März 2016 mit über 1.000 Menschen auf der Straße sei ein eindrucksvolles Zeichen gewesen. Höbel wies auf die Besonderheit der ostdeutschen Betriebslandschaft mit ihrem überdurchschnittlich hohen Anteil an Schichtarbeit hin.

„Ihr seid nicht nur der Innovationsbezirk, ihr seit auch ein Aktions- und Kampfbezirk“, sagte Vorstandsmitglied Ralf Kutzner in seinem Referat. Mit Blick auf diejüngsten Streiks bei Bosch, die noch laufende Tarifrunde im Kfz-Handwerk oder die Auseinandersetzungen um die Erhaltung von Standorten und Arbeitsplätzen beim Waggonhersteller Bombardier sagte Kutzner weiter: „Manchmal wünschen wir uns vielleicht ein bisschen weniger Kampf, aber das kann man sich nicht immer aussuchen.“ Im Bezirk entwickele sich zusehends eine durchsetzungsstarke Struktur, „und das ist gut und richtig so“, so Kutzner.

50.350 Beschäftigte aus 524 Betrieben haben sich an der jüngsten Beschäftigtenbefragung allein im Bezirk beteiligt. Die Ergebnisse sind eindeutig. Die Menschen wollten sichere Jobs, weniger Arbeitszeit und mehr Selbstbestimmung über ihre Zeit.

Mit Blick auf die Bundestagswahl sagte das Vorstandsmitglied: „Wer im Herbst gewählt werden will, wird an den Ergebnissen unserer Befragung nicht vorbeikommen.“ Man werde auch jetzt im Wahlkampf wieder den Spruch hören können: „Sozial ist, was Arbeit schafft.“ Doch für ihn sei der Spruch „asozial und degradiert dich Menschen zur billigen Ware“.

Wer die Arbeitszeitgesetze schleifen will, hat die Gesamtheit der  Beschäftigten in Deutschland gegen sich, so Kutzner.

In der Höbels Rede folgenden Diskussion sagte Manuela Grimm, Betriebsratsvorsitzende von Diebold Nixdorf in Taucha bei Leipzig: "Es geht mir zunehmend auf die Nerven, dass Betriebsräte überhaupt dafür immer wieder sorgen müssen, dass die in diesem Lande Arbeitsschutzgesetze eingehalten werden." Und wo es keine Betriebsräte gebe, seien die Beschäftigten den fortwährenden Angriffen der Unternehmerseite schutzlos ausgeliefert. "Es ist doch nicht verwunderlich, dass junge Leute das Vertrauen in die Demokratie verlieren und sich rechtem Gedankengut zuwenden, wenn sie im Betrieb immer wieder die Erfahrung machen, dass die Gesetze nicht eingehalten werden." Die anwesenden Vertreter der Arbeitgeberseite forderte Grimm auf, ihr Verhalten endlich zu ändern und mit den Betriebsräten zusammenzuarbeiten. Großer Applaus bei Delegierten, Hauptamtlichen und Gästen.

Am Nachmittag endete die Bezirkskonferenz 2017. Anschließend traf sich die Tarifkommission, um über die weitere Entwicklung in die Richtung der Tarifrunde 2018 zu diskutieren.

Von: mn

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