09.08.2024 | Im März haben die IG Metall-Mitglieder bei ArcelorMittal in Eisenhüttenstadt ihre Vertrauensleute für die kommenden vier Jahre gewählt. René Melzer ist einer der Gewählten. Seit rund zwei Jahrzehnten engagiert er sich als Vertrauensmann für seine Kolleginnen und Kollegen. Für sie ist er jederzeit ansprechbar. Warum er sich wieder zur Wahl gestellt hat, erzählt er hier.
René, Glückwunsch zu deiner Wiederwahl. Warum engagierst Du dich seit nahezu 20 Jahren ehrenamtlich als Vertrauensmann?
Ich bin geborener Eisenhüttenstädter und habe auch nicht vor, von hier wegzuziehen. Ich liebe diese Stadt und die Umgebung. Dort, wo ich wohne und lebe, möchte ich mich einbringen. Daher engagiere ich mich im Werk als Vertrauensmann. Im Werk arbeiten ganze Familien, jeder kennt jeden. Ich arbeite mit allen zusammen und versuche mich daher für unsere gemeinsamen Interessen einzusetzen. Positive Veränderungen geschehen nicht von alleine – sie müssen erkämpft werden, gemeinsam mit der IG Metall.
Wie sieht Deine Arbeit als Vertrauensmann aus?
Für mich bedeutet Gewerkschaftsarbeit vor allem Informationen auszutauschen. Wir konnten als Gewerkschafter viel erreichen und ansprechen – sei es bei Problemen mit der Qualität oder wenn es um das Schichtsystem ging.
Wichtig ist mir, dass wir im sozialen und finanziellen Bereich nicht weiter abgekoppelt werden. Auch wenn wir in den vergangenen Jahren nicht wirklich lange gestreikt haben, geht es uns im Verhältnis zu anderen Beschäftigten noch gut, zum Beispiel mit der 32-Stunden-Woche und entsprechend mehr Freizeit.
Was die Zukunft bringen wird, kann ich nicht genau sagen. Klar ist: Geschenkt wird uns nichts. Daher liegt mir als Vertrauensmann am Herzen, dass alle mit vor dem Tor stehen, wenn gestreikt wird – auch wenn sie noch nicht in der Gewerkschaft sind.
Welche Eigenschaften zeichnen Vertrauensleute aus?
Das Wichtigste ist, dass die Kollegen und Kolleginnen einem vertrauen. Man sollte kommunikativ, ehrlich und offen für die sozialen Belange der Belegschaft und deren Familien sein. Man sollte in der Lage sein, Probleme offen ansprechen. Man darf den Kollegen nichts sagen oder versprechen, was man selbst nicht so genau weiß oder nicht einhalten kann. Vertrauensleutearbeit ist ein Geben und Nehmen. Vertrauensleute sollten einen kritisch-selbstkritischen Geist haben.
Wie groß ist die Akzeptanz der Vertrauensleute bei Euch im Werk?
Wir haben im Werk einen sehr, sehr hohen Organisationsgrad. Der allergrößte Teil der Belegschaft steht hinter dem Betriebsrat und der Gewerkschaft – auch wenn es in den vergangenen Jahren bei Tarifauseinandersetzungen Entscheidungen der Gewerkschaftsführung gab, die die Mitglieder nicht immer nachvollziehen konnten. Hier würde ich mir manchmal noch mehr Biss gegenüber der Geschäftsführung wünschen. Dann wäre die Akzeptanz der Gewerkschaft bei den Beschäftigten noch größer.
Wie unterstützt Euch die IG Metall bei Eurer ehrenamtlichen Tätigkeit?
Das fängt unter anderem schon mit den Begrüßungscamps für die Auszubildenden an. Dort erfahren die jungen Kolleginnen und Kollegen, wofür die IG Metall steht. Dort werden auch erste Freundschaften und Zusammenhalt geschmiedet.
Vertrauensleute haben bei uns die Möglichkeit, per Betriebsvereinbarung für ihre Tätigkeit freigestellt zu werden. Wir können an Weiterbildungsseminaren teilnehmen und die Kolleginnen und Kollegen mit gewerkschaftlichen Infomaterialien informieren. Für auswärtige Aktionen organisiert die Gewerkschaft Busse sorgt und für das leibliche Wohl. Wichtig zu betonen ist aber, dass vieles nur funktioniert, wenn die Vertrauensleute Eigeninitiative entwickeln.
René Melzer ist 55 Jahre alt und arbeitet im Kaltwalzwerk des ArcelorMittal-Stahlwerks in Eisenhüttenstadt. Seit 2006 engagiert er sich als IG Metall-Vertrauensmann.