Betriebsratswahlen 2022

„Der Betriebsrat ist dann am stärksten, wenn er mit einer Stimme spricht.“

07.04.2022 | Das Span- und Faserplattenwerk Sonae Arauco in Beeskow gehört mit rund 260 Beschäftigten zu den großen Unternehmen im Einzugsbereich der IG Metall-Geschäftsstelle Ostbrandenburg. Vorsitzender des Betriebsrats bei Sonae Arauco ist seit 2014 Andreas Kokolsky. Aus seiner langjährigen Erfahrung kann er bestätigen, wie wichtig ein einiger Betriebsrat ist, um die Interessen der Beschäftigten gut vertreten und durchsetzen zu können.

Andreas Kokolsky ist seit 2014 Betriebsratsvorsitzender bei Sonae Arauco in Beekow und ist ehrenamtlich bei der IG Metall Ostbrandenburg aktiv. - Foto: Volker Wartmann

„Nach mehr als 30 Jahren Mitarbeit im Betriebsrat kann ich nur unterstreichen, wie wichtig ein starker Betriebsrat für gute Arbeitsbedingungen, mehr Demokratie und mehr Mitbestimmung im Unternehmen ist. Wir haben bei uns am Standort bereits kurz vor der Wiedervereinigung im September 1990 erstmals einen Betriebsrat gewählt. Dieser sprach aber lange Zeit oft nicht mit einer Stimme. Zwischen 1998 und 2014 traten bei den Betriebsratswahlen teilweise bis zu fünf unterschiedliche Listen gegeneinander an. Es ist unschwer nachvollziehbar, dass während dieser Zeit auch die Tarifbewegungen stark litten, weil sich die Kolleginnen und Kollegen untereinander oft nicht einig waren und unterschiedliche Interessen verfolgten.

2014 wurde ich zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt. Ich bin damals mit dem Ziel angetreten, die interessensgespaltene Belegschaft wieder zusammenzuführen. Das ist uns durch viel Kommunikation, Verständnis füreinander und gemeinsames Engagement letztendlich erfolgreich gelungen. Bei der Betriebsratswahl 2018 gab es nur noch eine geeinte Liste, 2022 wird es wieder so sein.

Zum Zusammenwachsen und der neuen Geschlossenheit des Betriebsrats und der Belegschaft hat auch der Arbeitgeber unfreiwillig beigetragen. Ende 2015 war er kurz vor Weihnachten still und leise aus seinem Arbeitgeberverband ausgetreten, mit dem Ziel, die Tarifbindung bei uns aufzuheben. Der Arbeitgeber plante, für die Beschäftigten Haustarifverträge einzuführen, was zu individuellen Einkommensverlusten von 3.000 bis 6.000 Euro pro Jahr geführt hätte. Wir haben es geschafft, kurz nach Bekanntwerden dieser Pläne Widerstand dagegen zu organisieren.

Dieses unsägliche Verhalten des Arbeitgebers war ein wesentlicher Impuls und Antrieb für ein Umdenken in der Belegschaft. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen sind daraufhin in die IG Metall eingetreten. Gemeinsam war es dan im Frühjahr 2016 unser Ziel, die Tarifflucht des Arbeitgebers zu verhindern. Dazu haben wir, auch gemeinsam mit den Beschäftigten der anderen Standorte des Konzerns, den Betrieb mit Warnstreiks stillgelegt. Unser Einsatz und unsere Einigkeit führte letztlich zum Erfolg: Fünf Minuten vor Beginn der Urabstimmung über einen unbefristeten Streik hat der Arbeitgeber unserem Druck nachgegeben und die Flächentarifbindung wieder hergestellt.

Wie wichtig eine einige Interessenvertretung und eine einige Belegschaft sind, hat sich auch in der diesjährigen Tarifrunde der Holz- und Kunststoffindustrie wieder gezeigt. Auch wenn mit dem erzielten Ergebnis niemand richtig zufrieden sein kann, ist es dennoch ein akzeptables und bemerkenswertes Ergebnis. Wir hätten diesen Schritt in Richtung Angleichung an die anderen Tarifgebiete nicht erreicht, wenn wir nicht so einig und durchsetzungsstark gewesen wären. Mit unseren eindrucksvollen Protestaktionen haben wir der Arbeitgeberseite deutlich gemacht, dass wir nicht zulassen, dass sich die Einkommensschere zwischen den Tarifgebieten weiter öffnet. Im Gegenteil, wir haben sie ein erstes Stück geschlossen bekommen.

Die vergangenen zwei Jahre hat uns die Coronapandemie zeitweise stark ausgebremst. Zu Beginn des Lockdowns im Frühjahr 2020 mussten wir Kurzarbeit anmelden. Viele befürchteten, wir könnten diese Krise nicht lange durchstehen. Aber schon nach wenigen Monaten zog die Nachfrage nach unseren Produkten wieder deutlich an. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir zur Beschäftigungssicherung jedoch bereits einen pauschalen Sondertarifvertrag abgeschlossen, der mit leichten Einkommensverlusten für die Beschäftigten verbunden war.

Die Betriebsratsarbeit wurde auch dadurch erschwert, dass wir wegen Corona oft keine Präsenztreffen durchführen konnten. Allerdings hat die Coronakrise die Digitalisierung, die technische Kompetenz und Ausstattung des Betriebsrats auch erheblich vorangebracht. So konnten wir Betriebsversammlungen beispielsweise in hybrider Form durchführen, was auch gut funktioniert hat. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen haben mittlerweile eine Sonae-Arauco-E-Mail-Adresse, was die digitale Kommunikation untereinander und mit dem Betriebsrat erleichtert.

Eine offene Baustelle bei uns ist die betriebliche Umsetzung des Tarifvertrags „Demografie“. In der gesamten Wahlperiode ist es uns nicht gelungen, uns mit der Arbeitgeberseite auf eine einvernehmliche Betriebsvereinbarung zu einigen. Trotzdem halte ich die Arbeit an dieser Betriebsvereinbarung noch lange nicht für gescheitert. Mit dem neuen Abschluss dieses Tarifvertrages ab dem 1. Januar 2022 wird wieder Bewegung in die Verhandlungen kommen und die geführten Diskussionen und eingebrachten Ideen können quasi als Vorarbeit für neue Verhandlungen genutzt werden.

Meiner Nachfolge beim Vorsitz des Betriebsrats wünsche ich, dass er an dieser Aufgabe auch so viel Freude findet wie ich es getan habe. Ich fand es immer spannend und inspirierend, mich mit den Sorgen, Meinungen und Interessen der Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Abteilungen im Unternehmen auseinanderzusetzen. Die Achtung vor den Leistungen der Anderen wächst durch dieses Mehr an Wissen enorm. Es ist eine tolle Aufgabe, sich für die Interessen der Kolleginnen und Kollegen einzusetzen und die Arbeitsbedingungen im Betrieb mitzugestalten.

Zudem hat man als Betriebsratsvorsitzender viele Möglichkeiten, seinen Horizont auch über die eigenen Betriebsgrenzen hinaus erheblich zu erweitern, sowohl was die eigene als auch andere Branchen angeht. Ich habe beispielsweise über die Betriebsrätenetzwerke der IG Metall viel dazugelernt. Der Austausch mit anderen Betriebsräten über Best-Practise-Beispiele erleichtert vieles, macht die eigene Arbeit oftmals effizienter und die Qualität besser.

Sehr wichtig und hilfreich für die Betriebsratsarbeit ist eben auch eine enge Zusammenarbeit mit der IG Metall. Die Geschäftsstelle Ostbrandenburg hat jederzeit ein offenes Ohr für unsere Anliegen und unterstützt uns mit Rat und Tat. Die Schulungen und Weiterbildungen der IG Metall sind lohnenswerte Angebote für jedes Mitglied. Für die nächsten Betriebsratswahlen wünsche ich mir, dass wir auch mehr junge Kolleginnen und Kollegen für eine Kandidatur gewinnen können.“

 

Andreas Kokolsky, 63 Jahre, begann 1974 eine Lehre als Elektriker im Spanplattenwerk in Beeskow. Im Sommer 2022 wird er in Ruhestand gehen. Seit der ersten Betriebsratswahl im September 1990 gehört er dem Gremium als Mitglied beziehungsweise Ersatzmitglied an. 2014 wurde er zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt. Für die IG Metall ist er als Delegierter und im Ortsvorstand der IG Metall-Geschäftsstelle Ostbrandenburg sowie im Bundesausschuss Holz und Kunststoff ehrenamtlich engagiert. Die Betriebsratswahlen bei Sonae Arauco finden am 12. und 13. April statt.

 

Von: vw

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