Angleichung Arbeitszeit Ost

Angleichung der Arbeitszeit: Arbeitgeber nicht zu konstruktiven Gesprächen bereit

24.06.2019 | Nach 13 Stunden endete das 6. Gespräch zur Arbeitszeitangleichung in Ostdeutschland am Samstagmittag, 22. Juni, ergebnislos. Die Verhandlungen waren hart und intensiv, die Arbeitgeber auch weiterhin nicht bereit, konstruktiv über einen Weg zur Angleichung der Arbeitszeit hin zur 35-Stunden-Woche zu reden.

Alle Bezirksleiter der ostdeutschen IG Metall-Bezirke waren am Wochenende in Potsdam vor Ort. Fotos: Christian von Polentz/transitfoto.de

Verhandlungsführer Olivier Höbel, IG Metall-Bezirksleiter Berlin-Brandenburg-Sachsen

Die Gesprächs- und Hintergrundkommission der IG Metall am 21. Juni vor den Verhandlungen in Potsdam.

Am späten Freitagnachmittag, 21. Juni, hatten IG Metall und Arbeitgeber sich im Kongresshotel Potsdam am Templiner See zur 6. Verhandlung getroffen, um doch noch eine Lösung in der Arbeitszeitfrage hinzubekommen. Bis 1 Uhr in der Früh zogen sich die Verhandlungen hin, die dann nach kurzer Unterbrechung am Samstagvormittag bis in den frühen Nachmittag fortgeführt wurden. Eine Einigung kam nicht zustande. Stattdessen wurden die Gespräche ergebnislos beendet. Neue Termine wurden nicht mehr vereinbart.

„Wir stellen nach sechs Verhandlungen fest, dass die Arbeitgeber keine Angleichung der Arbeitsbedingungen wollen“, erklärte Olivier Höbel, IG Metall-Bezirksleiter Berlin-Brandenburg-Sachsen und Verhandlungsführer Ostdeutschland, nach dem Ende der Gespräche.

Arbeitgeber-Vorschlag ist ein hoch brisanter Giftcocktail
Die IG Metall fordert eine schrittweise und verbindliche Verkürzung der Arbeitszeit in den nächsten Jahren unter Berücksichtigung der Situation in den einzelnen Betrieben. Das jedoch lehnen die Arbeitgeber ab. Sie beharrten weiterhin auf ihrem Forderungspaket, das sie TV Future nennen, das aber mit Zukunft wenig gemein hat, sondern eher auf Zustände zielt, die eigentlich längst überwunden sind und den Osten zum Einfallstor für deregulierte Arbeitsbedingungen degradieren und so ein hoch brisanter Giftcocktail ist.

„Das Blockadeverhalten der Arbeitgeber ist eine Provokation. 30 Jahre nach dem Mauerfall wollen sie die ,soziale Grenze‘ weiter bestehen lassen“, kommentierte Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, die Entwicklung.

Konkret bedeutet der Vorschlag der Arbeitgeber, dass statt einer Reduzierung sogar eine dauerhafte Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden und mehr in den ostdeutschen Betrieben möglich sein soll. Eine belastbare Einführung der 35-Stunden-Woche schieben sie mit ihrem Vorschlag auf das Jahr 2031. Außerdem fordern sie von der IG Metall in der Arbeitszeitfrage eine zwölfjährige Friedenspflicht. Die Wochenarbeitszeit soll nicht mehr im Manteltarifvertrag geregelt, sondern an die Betriebsparteien übertragen werden.

Der von den Arbeitgebern geforderte „Arbeitszeitkorridor“ zwischen 30 und 40 Wochenstunden unterwirft die persönlichen Arbeitszeiten der Kolleginnen und Kollegen komplett dem Diktat von Produktionsschwankungen. Ihr unternehmerisches Risiko wollen die Arbeitgeber voll auf die Beschäftigten übertragen und ihnen zudem noch schwankende Einkommen je nach gerade geltender Arbeitszeit zumuten.

"Deregulierungsfantasien der Arbeitgeber"
„Wenn die Entscheidung über die Arbeitszeit – so wie es die Arbeitgeber fordern – auf die Betriebsebene verlagert wird, würde die ohnehin schwache Tarifbindung im Osten weiter ausgehöhlt“, sagt Jörg Hofmann. „Gesamtmetall sollte sich angesichts des Zulaufs der Rechtspopulisten gut überlegen, ob sie Ostdeutschland zum Exerzierfeld ihrer Deregulierungsfantasien machen wollen. Die IG Metall steht weiterhin für die Stärkung des Flächentarifvertrags, gerade in Ostdeutschland.“

Die Forderungen der Arbeitgeber würden den Flächentarifvertrag schwächen, weil sie ihm die Regelungskompetenz zur Arbeitszeit entziehen. Die Arbeitszeit der einzelnen Beschäftigten würde schutzlos dem Produktionsdruck in den Betrieben ausgeliefert werden. Einer schrankenlosen Ausweitung der Arbeitszeit wäre somit Tür und Tor geöffnet.

„Dafür steht die IG Metall nicht zur Verfügung“, sagt IG Metall-Bezirksleiter Olivier Höbel. „Es muss weiter verbindliche Regelungen im Flächentarifvertrag geben und die Arbeitszeitverkürzung muss bei den Beschäftigten ankommen.“

Wie geht es weiter?
Die Tarifkommissionen aller ostdeutschen Tarifgebiete beraten am 25. Juni in Leipzig gemeinsam den aktuellen Stand und die Ereignisse vom Wochenende. Klar ist auch: Die IG Metall wird die Arbeitszeitangleichung nun Betrieb für Betrieb angehen.

Von: vw

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