Stahlaktionstag am 1. Oktober in Eisenhüttenstadt

Rund 500 Metallerinnen und Metaller demonstrieren für eine langfristige Zukunftsperspektive für das Stahlwerk in Eisenhüttenstadt

01.10.2020 | Unter dem Motto „Unser Herz aus Stahl hat eine grüne Zukunft“ haben am 1. Oktober rund 500 Metallerinnen und Metaller in Eisenhüttenstadt in einer „verlängerten Mittagspause“ für eine langfristige Perspektive des Stahlstandortes Eisenhüttenstadt demonstriert. Bei der Abschlusskundgebung sagte auch der Wirtschaftsminister des Landes Brandenburg den Kolleginnen und Kollegen seine Unterstützung zu.

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Rund 500 Metallerinnen und Metaller nahmen an dem Aktionstag der IG Metall Ostbrandenburg in Eisenhüttenstadt teil. - Fotos: Volker Wartmann

Holger Wachsmann, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostbrandenburg, fordert massive Unterstützung von der Politik, damit das Ziel erreicht werden kann, in Eisenhüttenstadt in 30 Jahren Stahl klimaneutral zu produzieren.

Der Brandenburger Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (links) sicherte den Kolleginnen und Kollegen seine volle Unterstützung zu.

Birgit Dietze, die neue IG Metall Bezirkleiterin Berlin-Brandenburg-Sachsen, sagte: "Was wir jetzt schnell brauchen, sind Innovationen und Investitionen."

Die Botschaft der Teilnehmenden ist unmissverständlich: "Stahl ist Zukunft!"

Bereits um 9 Uhr begannen Auszubildende von ArcelorMittal, die Bramme vor Tor 2 des Stahlwerks fachgerecht zu restaurieren.

Auch Peter Ernsdorf, bis Ende 2019 Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostbrandenburg (vorne rechts im roten Anorak), ließ es sich nicht nehmen, trotz Urlaub an der Veranstaltung teilzunehmen.

In einem langgezogenen Demonstrationszug zogen die Kolleginnen und Kollegen um 11.30 Uhr von der Bramme vor Tor 2 des Stahlwerks über die Bundesstraße 112 zur Traditionsbramme am Busbahnhof in Eisenhüttenstadt – vorbildlich in gebührenden Abstand zueinander und alle mit Mundschutz. Immer wieder riefen sie lautstark und gemeinsam: „Stahl ist Zukunft!“

Auf der Kundgebung neben der Bramme am Busbahnhof sagte Holger Wachsmann, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostbrandenburg: „Die IG Metall und die Stahlindustrie bekennen sich in vollem Umfang zu den Klimazielen. Das erklärte Ziel ist es, bis 2050 eine klimaneutrale Stahlproduktion in Deutschland zu etablieren. Die Bundesregierung hat sich dazu bekannt, die Stahlindustrie zu stärken. Jetzt geht es darum, dieses Bekenntnis auch umzusetzen“, so Wachsmann. „Wenn wir faire Wettbewerbsbedingungen auf dem globalen Markt erreichen wollen, benötigen wir unbedingt handelspolitische Maßnahmen zum Schutz von klimafreundlich produziertem Stahl. Dazu bedarf es politischer Maßnahmen, die verhindern, dass energieintensive Industrien aus Kostengründen ins Ausland abwandern, wo Umwelt- und Klimaschutz keine Rolle spielen und wo es keinen Emissionsrechtehandel gibt.“

Um klimafreundlichen Stahl zu fördern, brauche es auch Instrumente wie zum Beispiel Schutzmaßnahmen gegen steigende Stahlimporte zu Dumping-Preisen, so Wachsmann. „Wir brauchen eine neue Art des Emissionsrechtehandels in Europa. Höhere Produktionskosten für grünen Stahl müssen ausgeglichen und der Wandel der Stahlindustrie muss jetzt vorangetrieben werden. Dazu muss Geld in die Hand genommen werden.“ Auch zum Aufbau von Wasserstoffkapazitäten inklusive der dazugehörigen Leitungsnetze seien Investitionsförderungen notwendig“, so Wachsmann: „Wir sind zum Erfolg verdammt. Aber wenn wir gemeinsam Druck machen, wird das klappen.“

Birgit Dietze, seit diesem Tag neue IG Metall-Bezirksleiterin Berlin-Brandenburg-Sachen, sagte an ihrem ersten Arbeitstag in neuer Funktion: „Stahl ist die Grundlage von allem, Stahl ist Leben. Was wir jetzt schnell brauchen, sind Innovationen und Investitionen“, so Dietze. „Es ist ein dringendes Erfordernis, dass die Stahlindustrie in Deutschland von staatlicher Seite unterstützt wird, wenn wir bei klimafreundlich produziertem Stahl Vorreiter sein wollen. Billiger Stahl aus Asien kann nicht die Lösung für die Zukunft sein.“

„Das Land Brandenburg steht zur hiesigen Stahlindustrie“, betonte Jörg Steinbach, Arbeits- und Wirtschaftsminister des Landes Brandenburg. „Unser Ziel ist, den Stahlstandort Eisenhüttenstadt langfristig zu erhalten. Wo wir können, werden wir euch unterstützen“, sagte Steinbach zu den Kolleginnen und Kollegen. „Ohne staatliche Beihilfe wird der Prozess in Richtung einer klimafreundlichen Stahlproduktion nicht gelingen: Das Fördergeld darf nicht in Brüssel liegen bleiben, wir müssen es nach Eisenhüttenstadt holen.“ Zu den Auszubildenden sagte Steinbach: „Ihr seid die Fachkräfte, die das Unternehmen braucht. Wenn ihr nach eurer Ausbildung bei EKO bleibt, dann ist mir um EKO nicht bange. EKO-Stahl in Eisenhüttenstadt muss auch künftig Ausbildungsstandort bleiben.“

Bereits um 9 Uhr waren zahlreiche Auszubildende vor dem Stahlwerk aktiv. Mit Farbe und Geduld restaurierten sie im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche der IG Metall Jugend die Bramme vor Tor 2. Auf dem mittlerweile denkmalgeschützten Stahlblock steht weiß auf schwarz: „Wir sitzen alle in einem Boot! Die Kumpel der EKOSTAHL AG“. „Die Bramme wurde hier in den neunziger Jahren als ein Zeichen des Widerstands aufgestellt, als das Werk nach der Wiedervereinigung existenzgefährdet war“, sagt Vadim Stroka, Vorsitzender der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV). „Wir wollen mit der Restaurierung daran erinnern, dass auch wir in der momentanen Krise alle in einem Boot sitzen.“ Er fordert, dass die Ausbildungsplätze gesichert werden müssen, „jetzt in der Krise und auch in der Zukunft.“ Stroka: „Wir Auszubildenden zahlen nicht für die Krise“.

„Wir brauchen eher mehr als weniger Ausbildungsplätze“, so Stroka. „In den kommenden zehn Jahren werden etwa 1.000 Kolleginnen und Kollegen in Rente gehen. Wenn wir diese Arbeitsplätze erhalten wollen, müssten wir eigentlich sogar doppelt so viele junge Menschen ausbilden wie heute.“

Die Aktion in Eisenhüttenstadt war ein Paukenschlag. Eindrucksvoll haben die rund 500 IG Metall-Mitglieder aus dem Stahlwerk und der Stadt unter Beweis gestellt, wie entschlossen sie sind, gemeinsam für ihre Zukunftsziele und für eine starke Region einzustehen.

 

 

Von: vw

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